Liebe Leserinnen und Leser,
In diesem Buch geht es darum, überkommene Muster aufzubrechen und Arbeit neu zu denken. Es handelt davon, welche erstaunlichen Dinge möglich sind, wenn Sie Arbeit durch Spiel ersetzen. Dabei kann es um die eigene Arbeitszufriedenheit gehen, um Qualitätsverbesserungen, oder radikale Innovationen. Das funktioniert nicht darum, weil auf einmal, hinter Ihrem Rücken, die eierlegende Wollmichsau erfunden wurde, und Sie das jetzt aus diesem Buch erfahren müssen. Spielen ist auch kein Abonnement auf die ewige Glückseligkeit.
Aber Spielen ist eine Perspektive, mit der sich alles ändern kann.
Spielen ist keine Aktivität, es ist eine Haltung, eine Brille, durch die man die Welt betrachten kann. Es ist nicht die Tischtennisplatte im Büro, die in der Mittagspause zwar Spaß macht, aber ansonsten vor allem betont, dass Arbeiten Arbeit ist, und Spielen Spiel. Sondern es ist die offene und elektrisierende Haltung, die jeder kennt, wenn er sich an diese leichten, erfüllten Momente des völligen Aufgehens im Spiel erinnert. Und genau dieses Gefühl lässt sich auch auf die Arbeit übertragen.
Wenn Sie aus einer Welt kommen, in der immerzu alles gemanagt und geregelt werden muss, dann könnte dieses Buch zunächst frustrierend für Sie sein. Sie werden zwischen diesen Buchdeckeln vergeblich nach empirischen Ergebnissen oder irgendwelchen Studien Ausschau halten, die glaubhaft und zweifelsfrei belegen, dass die hier vorgestellten Ideen auch wirklich, hundertprozentig, funktionieren. Diese Erwartungshaltung, dieses „Ich muss mir erst ganz sicher sein“, ist das Gegenteil von Spielen. Wenn Sie alle Unsicherheit vermeiden wollen, wird nie etwas Neues entstehen können, denn neue Dinge sind per definitionem unbekannt – und damit immer auch unsicher. Wenn Sie sich dagegen einlassen auf die hier beschriebenen Beispiele und die Signale, dass es einen Weg gibt, mit dem wir aus dem Gefängnis unserer heutigen Logik ausbrechen und ungeahnte Ergebnisse erzielen können, dann haben Sie im Grunde schon angefangen zu spielen.
Die Einladung an Sie, sich einzulassen auf das Neue, steht bei diesem Buch gleich am Anfang – denn es beginnt nicht mit der Theorie, sondern mit der Praxis. Anhand des gewählten Fallbeispiels ist anschaulich zu verfolgen, wie sich durch Spielen relativ schnell völlig neue, unerwartete und vor allem unerwartet gute Resultate erzielen lassen. Voraussetzung dafür ist nicht nur Neugier, sondern auch die Bereitschaft anzuerkennen, dass viele aktuelle Fragestellungen in den Unternehmen von heute andere Antworten brauchen als bisher. Antworten, die sich Ihnen erschließen werden, wenn Sie sich trauen, einfach einmal die Spielbrille aufzusetzen, und bereit sind, Ihre Arbeitsabläufe mit anderen Augen zu betrachten.
Was diese ominöse Spielbrille nun genau ausmacht, beschreibt dieses Buch in sechs Faktoren. Es handelt sich dabei um die sechs Basisperspektiven des Spielens – und jede einzelne davon steht heute weit verbreiteten Grundannahmen über das Arbeitsleben diametral gegenüber. Das Einnehmen dieser Perspektiven ist der Anfang des Spielens – und damit der Anfang von Veränderungen, die wirklich wirken. Und zwar nachhaltig.
Doch Vorsicht: Der Spielfaktor ist kein Patentrezept. Er ist auch keine konkrete Anleitung mit exakt zu befolgenden Arbeitsschritten und ebenso wenig ist er eine Garantie auf Erfolg und immerwährende Arbeitszufriedenheit, wenn Sie nur so genau wie möglich alles befolgen, was hier geschrieben steht. Aber das gilt eigentlich für jedes Buch: Es kann nie mehr sein als die Anregung an den Leser, sich Gedanken zu machen. Andere Gedanken. Neue Gedanken.
Wenn Sie zum Beispiel Windsurfen lernen wollen, dann kann Ihnen ein Arbeitsbuch über das Windsurfen durchaus behilflich sein, um die Basisprinzipien dieser Sportart zu verstehen. Im besten Fall schlägt Ihnen das Buch auch noch ein paar Übungen vor, die Sie nachmachen können. Aber um tatsächlich zu lernen, wie Sie auf diesem schmalen Brett elegant über die Wellen hinweggleiten, werden Sie nicht darum herumkommen, nass zu werden. Auszuprobieren. Unzählige Male vom Surfbrett zu fallen. Um schließlich Ihre ganz eigene Kunst des Windsurfens zu entwickeln.
Dieses Buch will Ihnen vermitteln, dass Spielen eine naheliegende und produktive Perspektive ist, um Herausforderungen und Schwierigkeiten in der heutigen Arbeitswelt zu überdenken und anders damit umzugehen als bisher. Es will Sie mit der Spielperspektive vertraut machen. Sie spüren lassen, wie viel Spaß Sie haben können, wenn Sie erst mal anfangen auf der Arbeit zu spielen.
Wie viel Erfolg es mit sich bringt.
Und es will Sie dazu verführen, auf das metaphorische Surfbrett zu springen und nass zu werden.
Dazu bedarf es keiner weiteren Vorrede mehr.
Arne Gillert, im November 2014